18.12.2017, 17:58
Anscheinend schaffte sie es dieses Mal, die richtigen Worte zu finden. Sie konnte sehen, wie die zornige Spannung aus seinen Schultern wich. Unwillkürlich ließ auch die in den eigenen etwas nach. Als er ihr dann erzählte, was genau er versprochen hatte, knirschte sie mit den Zähnen und war kurz davor, zur Burg zu stürmen und ihren Vater und sein liebreizendes Weib zur Rede zu stellen. Ihr hatten sie das ganz anders weiter gegeben. Seine nächsten Worte ließen sie den Kopf schütteln. Nicht kritisierend, sondern eher resignierend. „Das ehrt Euch.“ Wieder musterte sie ihn sinnend. „Hier hat eine Tochter keinerlei Mitspracherecht. Sie hat zu heiraten, wer ihr vorgesetzt wird. Ungesehen. Egal, welchen Charakter oder welches Alter er hat.“, klärte sie ihn über die hier heimischen Sitten auf. Zumindest seitdem ihre Mutter nicht mehr war. Doch über die Veränderungen, die ihrem grausigen Tod gefolgt waren, wollte sie lieber gar nicht erst gründlicher nachdenken.
Die Bewegung, die ihn von ihr weg trug, lenkte sie dankenswerterweise ab und mahnte sie an, ihn nicht gehen zu lassen, so lange da noch immer Dinge ungesagt geblieben waren. Denn entgegen ihres Vaters schien Lysingur aufgeschlossen gegenüber ihren Worten zu sein. Er blieb sogar so umgehend stehen, dass sie fast in ihn hinein gerannt wäre. Verlegen errötend trat sie wieder einen halben Schritt von ihm weg. Weit genug, dass niemand die Nähe als unschicklich betiteln könnte. Nah genug, damit nur er ihre Worte hören würde. Sie wollte ihn immerhin auch nicht in Verruf bringen. Sie wollte ihm nur erklären, wieso sie sich so verhielt, wie sie es tat. Als er das nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verstehen schien, nickte sie ihm dankbar zu. Bei seinem Einwand legte sie den Kopf leicht auf die Seite. Obwohl sie weiterhin entspannt wirkte, war der Ausdruck in ihren Augen bei seinen Worten aufgewühlt, wenn nicht gar etwas verzweifelt. Sie wusste durchaus, was ihre Rolle war. Sie sollte weiteres Morden verhindern. Auch wenn sie dafür einen Mann heiraten sollte, der den Tod ihrer Mutter nicht verhindert hatte. Denn entgegen von ihr, hätte er das tun können. Doch das sagte sie nicht, sondern neigte nur einmal mehr zustimmend den Kopf. Denn im Grunde hatte er ja durchaus recht.
Es war ihr unangenehm, dass sie ausgerechnet ihm gegenüber aussprach, was sie von ihrer Stiefmutter hielt. Ein Glück schien ihn das eher zu belustigen. Auch wenn sie den Grund dafür nicht erkannte, war ihr das weit lieber als die Alternativen. Als er dann bestätigte, dass das Angebot noch stand, sackten ihre Schultern erleichtert herab, atmete sie befreit durch. Gut, er musste die Änderung noch ihrem Vater verkaufen, aber auf einmal erschien ihr auch das nicht mehr unmöglich. „Danke.“, wisperte sie und lächelte ihn zwar noch immer etwas zögerlich, aber offen an. Er konnte nicht wissen, wie sehr sie sich danach sehnte, ihrer privaten Hölle zu entkommen. Auf einmal legte er eine Hand auf ihre Schulter und drückte diese leicht. Gegen ihren Willen, stiegen ihr die Tränen in die Augen. Eilig senkte sie den Blick und blinzelte diese energisch weg. Nein, er konnte nicht wissen, was er ihr da anbot.
Dieses Mal ließ sie ihn ziehen. Während er also zurück in die Halle ging, lief sie zum Friedhof. Sie setzte sich an den Grabstein ihrer Mutter, erzählte ihr stumm, was passiert war... und sie verabschiedete sich von ihr. Es dämmerte bereits, als sie sich wieder erhob und zurück kehrte. Sie hatte ihre kleine Kammer gerade erst betreten, als auch schon ihre Stiefmutter hinein gerauscht kam. Sie warf nur einen Blick auf ihr Gesicht und duckte sich dann noch gerade rechtzeitig, um den Stock nicht ins Gesicht zu kriegen. Sie blendete den Schmerz aus, ebenso wie die dazu gehörigen Worte. Sie wusste auch so, was dieser letzte Akt bedeutete. Wenn sie den jüngeren Bruder nicht dazu brachte, sie zu nehmen, brauchte sie gar nicht erst zurück kommen. Die Nachricht war ganz klar angekommen.
Beim Abendmahl fehlte sie. Sie war damit beschäftigt, erst ihre Wunden zu verarzten und dann ihre Truhe mit den wichtigsten Erinnerungsstücken und einigen, wenigen, zweckdienlichen Kleidungsstücken zu füllen. Da an Schlaf dank der Schmerzen nicht zu denken war, saß sie die restliche Nacht am offenen Fenster, sah hinaus und wartete auf den Sonnenaufgang. Sowie dieser kam, lief sie zu den Stallungen, um sich von ihrer Stute zu verabschieden. Sie nahm nicht an, dass sie die eigenwillige schwarze Freundin mitnehmen durfte. Leise sprach sie mit ihr. Nicht in der Sprache ihres Vaters, sondern in der ihrer Mutter.
Die Bewegung, die ihn von ihr weg trug, lenkte sie dankenswerterweise ab und mahnte sie an, ihn nicht gehen zu lassen, so lange da noch immer Dinge ungesagt geblieben waren. Denn entgegen ihres Vaters schien Lysingur aufgeschlossen gegenüber ihren Worten zu sein. Er blieb sogar so umgehend stehen, dass sie fast in ihn hinein gerannt wäre. Verlegen errötend trat sie wieder einen halben Schritt von ihm weg. Weit genug, dass niemand die Nähe als unschicklich betiteln könnte. Nah genug, damit nur er ihre Worte hören würde. Sie wollte ihn immerhin auch nicht in Verruf bringen. Sie wollte ihm nur erklären, wieso sie sich so verhielt, wie sie es tat. Als er das nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verstehen schien, nickte sie ihm dankbar zu. Bei seinem Einwand legte sie den Kopf leicht auf die Seite. Obwohl sie weiterhin entspannt wirkte, war der Ausdruck in ihren Augen bei seinen Worten aufgewühlt, wenn nicht gar etwas verzweifelt. Sie wusste durchaus, was ihre Rolle war. Sie sollte weiteres Morden verhindern. Auch wenn sie dafür einen Mann heiraten sollte, der den Tod ihrer Mutter nicht verhindert hatte. Denn entgegen von ihr, hätte er das tun können. Doch das sagte sie nicht, sondern neigte nur einmal mehr zustimmend den Kopf. Denn im Grunde hatte er ja durchaus recht.
Es war ihr unangenehm, dass sie ausgerechnet ihm gegenüber aussprach, was sie von ihrer Stiefmutter hielt. Ein Glück schien ihn das eher zu belustigen. Auch wenn sie den Grund dafür nicht erkannte, war ihr das weit lieber als die Alternativen. Als er dann bestätigte, dass das Angebot noch stand, sackten ihre Schultern erleichtert herab, atmete sie befreit durch. Gut, er musste die Änderung noch ihrem Vater verkaufen, aber auf einmal erschien ihr auch das nicht mehr unmöglich. „Danke.“, wisperte sie und lächelte ihn zwar noch immer etwas zögerlich, aber offen an. Er konnte nicht wissen, wie sehr sie sich danach sehnte, ihrer privaten Hölle zu entkommen. Auf einmal legte er eine Hand auf ihre Schulter und drückte diese leicht. Gegen ihren Willen, stiegen ihr die Tränen in die Augen. Eilig senkte sie den Blick und blinzelte diese energisch weg. Nein, er konnte nicht wissen, was er ihr da anbot.
Dieses Mal ließ sie ihn ziehen. Während er also zurück in die Halle ging, lief sie zum Friedhof. Sie setzte sich an den Grabstein ihrer Mutter, erzählte ihr stumm, was passiert war... und sie verabschiedete sich von ihr. Es dämmerte bereits, als sie sich wieder erhob und zurück kehrte. Sie hatte ihre kleine Kammer gerade erst betreten, als auch schon ihre Stiefmutter hinein gerauscht kam. Sie warf nur einen Blick auf ihr Gesicht und duckte sich dann noch gerade rechtzeitig, um den Stock nicht ins Gesicht zu kriegen. Sie blendete den Schmerz aus, ebenso wie die dazu gehörigen Worte. Sie wusste auch so, was dieser letzte Akt bedeutete. Wenn sie den jüngeren Bruder nicht dazu brachte, sie zu nehmen, brauchte sie gar nicht erst zurück kommen. Die Nachricht war ganz klar angekommen.
Beim Abendmahl fehlte sie. Sie war damit beschäftigt, erst ihre Wunden zu verarzten und dann ihre Truhe mit den wichtigsten Erinnerungsstücken und einigen, wenigen, zweckdienlichen Kleidungsstücken zu füllen. Da an Schlaf dank der Schmerzen nicht zu denken war, saß sie die restliche Nacht am offenen Fenster, sah hinaus und wartete auf den Sonnenaufgang. Sowie dieser kam, lief sie zu den Stallungen, um sich von ihrer Stute zu verabschieden. Sie nahm nicht an, dass sie die eigenwillige schwarze Freundin mitnehmen durfte. Leise sprach sie mit ihr. Nicht in der Sprache ihres Vaters, sondern in der ihrer Mutter.